Bad Lauterberger Erklärung

Öffentliche Finanzkontrolle stärken – Von der Nachschau zur strategischen Kostendisziplin

Präambel

Bund, Länder und Gemeinden geben jedes Jahr etwa 1.300 Milliarden Euro aus. Davon entfallen alleine 230 Milliarden Euro auf Gemeinden und Kreise. Das entspricht 4.600 großen Unternehmen mit einem Umsatzvolumen von 50 Millionen Euro. Die Ausgaben der Kommunen werden bundesweit von 4.500 - 5.000 Rechnungsprüfern kontrolliert, hinzu kommen ca. 4.500 bei den internen Revisionsabteilungen von kommunalen Betrieben/Beteiligungen. Sie testieren die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage und sind für die Prüfung der Vergaben, der Sozialaufwendungen und von Wirtschaftlichkeitsberechnungen verantwortlich. Die öffentliche Finanzkontrolle ist damit wesentlicher Teil einer funktionierenden Demokratie und unverzichtbares Element der modernen staatlichen Ordnung.

Das Institut der Rechnungsprüfer - IDR e.V. tritt nachhaltig dafür ein, die unabhängige öffentliche Finanzkontrolle zu stärken. Mit der „Bad Lauterberger Erklärung“ sendet das IDR zu seinem 10-jährigen Bestehen einen Weckruf an die politischen Entscheider. Die Überwachung der Haushalte muss von der rückblickenden Kontrolle („ex post“) zu einer strategischen Beratung bei kommunalen Ausgaben auf Augenhöhe mit den politischen Entscheidern („ex ante“) weiterentwickelt werden. Dafür muss die Stellung der Rechnungsprüfer aufgewertet werden, die Prüfungsämter sind mit ausreichend Kompetenzen und Mitteln auszustatten. Sie spielen eine Schlüsselrolle dabei, eine nachhaltige Haushaltspolitik durchzusetzen, für Kostendisziplin bei der Ausgabe von Steuergeldern und damit für einen Abbau öffentlicher Schulden zu sorgen. 

§ 1

Die Unabhängigkeit der öffentlichen Finanzkontrolle muss gewahrt werden. Ihre Privatisierung verbietet sich schon allein aus diesem Grund. Die Entscheidung über die Einbeziehung qualifizierter Dritter, wie z. B. öffentlich bestellter Wirtschaftsprüfer oder technischer Sachverständiger, in die Wahrnehmung oder Durchführung von Prüfungen obliegt der Revision selbst.

§ 2

Die öffentliche Finanzkontrolle muss gestärkt werden. Ihr kommt eine Schlüsselfunktion bei der Kostendisziplin der staatlichen Haushalte zu. Die Position der kommunalen Rechnungsprüfer – und mit ihnen der Revisoren der öffentlichen Beteiligungen – muss daher aufgewertet werden. Sie müssen ihre Tätigkeit auf Augenhöhe mit den politischen Entscheidern ausführen können. Dafür sind sehr gut ausgebildete und attraktiv vergütete Revisoren erforderlich, die im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft für die Öffentliche Hand gewonnen werden müssen. Dies ist im Interesse aller Bürger.

§ 3

Die Finanzkontrolle muss grundsätzlich in die Planungsphase staatlicher Ausgaben einbezogen werden. Nur so können Rechnungsprüfer dazu beitragen, dass die Kosten von Großprojekten und andere öffentliche Ausgaben nicht regelmäßig aus dem Ruder laufen. Prüfungen im Nachgang, wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, sollten der Vergangenheit angehören.

§ 4

Die Revision muss Mehrwerte schaffen. Mit der zukunftsorientierten „ex ante“-Ausrichtung entwickelt sich die Prüfung von einer amtlichen Pflichtaufgabe zu einem Wirtschaftsfaktor, der für die strategische Finanzplanung unverzichtbar ist. Die öffentliche Finanzkontrolle trägt so dazu bei, nicht nur die Kosten zu prüfen, sondern die Einnahmen der Kommunen langfristig zu optimieren und Ertragspotenziale auszuschöpfen.

§ 5

Eine bessere Kostenkontrolle erfordert die Vernetzung und den Datenaustausch auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. So werden Insellösungen vermieden und ein strategisches Benchmarking öffentlicher Projekte und Ausgaben ermöglicht. 

§ 6

Deutschland braucht einheitliche Standards für eine effiziente und transparente Finanzkontrolle. Das IDR hat eigene Vorschläge zur Vereinheitlichung der Normen zur kommunalen Rechnungsprüfung vorgelegt. Sie schaffen die Basis für mehr Effizienz und Effektivität in der Organisation der Revision. Zudem sollten die European Public Sector Accounting Standards (EPSAS) zügig in Deutschland eingeführt werden, um das öffentliche Finanz- und Rechnungswesen über alle Bundesländer hinweg zu vereinheitlichen. 

§ 7

Die Qualität der Rechnungsprüfung muss weiter verbessert werden. Dafür sind höhere Investitionen in die Ausbildung der Revisoren notwendig. Das Qualifizierungskonzept des IDR, das bereits in fünf Hochschulen umgesetzt wurde, trägt dazu bei, proaktive, agile und „schlagkräftige“ Rechnungsprüfer auszubilden und den Berufsstand insgesamt attraktiv zu machen.

§ 8

Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Revision ist die Digitalisierung der Planungs- und Prüfungsprozesse. Sie erlaubt eine effektive Führung und Steuerung von Projekten und eine standardisierte, automatisierte und damit effiziente Vorgehensweise. Die Prüfungsämter benötigen hoch entwickelte und an aktuelle Rahmenbedingungen angepasste Software, um Beschaffungs- und Ausgabeprozesse in „Echtzeit“ begleiten und die Prüfungen auf der Grundlage bundesweit einheitlicher Standards schnell und effizient abwickeln zu können. Das IDR leistet dazu mit seiner Prüfungssoftware einen wichtigen Beitrag.

§ 9

Die Prüfungsämter müssen sich selbst einer regelmäßigen unabhängigen Kontrolle öffnen. Peer Reviews durch erfahrene externe Prüfer können dazu beitragen, die Prüfungsqualität und die Prüfungswirkung weiter zu verbessern.

§ 10

Die Disziplin der Kommunen bei der Aufstellung und Prüfung der kommunalen Bilanzen muss erhöht werden. Haushaltsplanungen sollten an die Vorlage geprüfter Jahresabschlüsse gebunden werden.


Portrait Institut der Rechnungsprüfer - IDR e.V.

Als Berufsverband der öffentlichen Finanzkontrolle ist das IDR die Interessenvertretung aller professionellen Berufsgruppen, die sich mit öffentlicher Finanzkontrolle beschäftigen. Dazu gehören die Führungskräfte und Mitarbeiter aller Einrichtungen der öffentlichen Finanzkontrolle, wie Bundes- und Landesrechnungshöfe, kommunale Rechnungsprüfungsämter, Revisionsstellen bei weiteren öffentlichen Verwaltungen und Körperschaften, wie beispielsweise im Forschungs- und Bildungs- bzw. Sozialbereich. Mit knapp 500 Mitgliedern aus über 13 Bundesländern und weiteren Institutionen sind bereits heute rund 4.000 Rechnungsprüfer im IDR organisiert. Darunter befinden sich über 80 Landkreise und knapp 40 Großstädte, aber auch Vertreter der evangelischen Landeskirchen, der katholischen Bistümer und viele andere mehr. Die Anzahl aller Mitglieder teilt sich auf in 80% Körperschaften und 20% persönliche Mitglieder.Das IDR verfolgt insbesondere drei strategische Ziele:

  1. Vereinheitlichung der Normen sowohl in Organisationen, Inhalt und Umfang der öffentlichen Finanzkontrolle auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene als auch bei der Ausgestaltung des öffentlichen Finanz- und Rechnungswesens.
  2. Steigerung der Attraktivität des Berufs des Rechnungsprüfers.
  3. Digitalisierung der öffentlichen Finanzkontrolle, insbesondere durch Einführung der IDR-Prüfungssoftware als leistungsfähiges Instrument zur Organisation und Durchführung aller Prüfungen im kommunalen Sektor.

 

Ansprechpartner

Hans-Dieter Wieden, Vorstandsvorsitzender des Instituts der Rechnungsprüfer, Leiter des Revisionsamts der Stadt Frankfurt am Main
Tel.: +49 (69) 212 3 34 52, E-Mail: hans-dieter.wieden.amt14@stadt-frankfurt.de

Ina Eichhoff, Geschäftsführerin IDR e.V.
Tel.: +49 (2 21) 9 49 90 96 52, E-Mail: ina.eichhoff@idrd.de

Pressekontakt

Matthias Struwe, Eye Communications, Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 (7 61) 137 62-21, E-Mail: m.struwe@eyecommunications.de